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Mehr als Pick&Place: Fertigen und montieren mit HIWIN-Robotern

ThermProTEC stellt für einen führenden deutschen Automobilzulieferer Anlagen zur Herstellung von gewichtsreduzierten Rohrstabilisatoren her. Die Kernaufgabe jeder dieser hochautomatisierten Anlagen ist, neben der thermischen Behandlung des vorgebogenen Rohrrohlings, das Haften von Gummilagern sowie die Qualitätssicherung. Roboter von HIWIN sorgen an zentralen Stellen für die erforderliche Flexibilität bei der Produktion der fortschrittlichen Federungskomponenten.

Stabilisatoren verhindern als wichtige Komponenten der Fahrzeugfederung das Wanken eines Fahrzeugs in Kurven oder auf einer unebenen Fahrbahn. Sie tragen damit wesentlich zum Komfort moderner Fahrzeuge bei. Früher wurden diese Stabilisatoren ausschließlich aus Vollmetallstangen kalt oder warm umgeformt. Aufgrund des bis zu 40 Prozent geringeren Gewichts setzen sich immer mehr sogenannter Rohrstabilisatoren durch.

Rohrstabilisatoren erfordern jedoch ganz andere thermische Fertigungsverfahren als Vollmetallstabilisatoren. ThermProTEC, Spezialist für thermische Prozesstechnik, hat die dazu passende Verfahrenstechnik entwickelt und damit den Markteintritt erfolgreich gemeistert.

„Unser tiefgreifendes Verständnis thermischer Prozesse ist für uns der Türöffner, auch bei Unternehmen, die deutlich größer sind als wir selbst“, erläutert Dr. Rainer Gaus, Gründer und Geschäftsführer der in Offenburg beheimateten ThermProTEC GmbH. „Die Auftraggeber wünschen sich jedoch immer häufiger, dass wir neben der eigentlichen thermischen Behandlung möglichst viele der jeweils erforderlichen Produktionsschritte mit unseren Anlagen abdecken. Diese Anforderung kommt aus allen anderen Marktsegmenten, die wir mit unseren Anlagen bedienen, wie die Vergütung von schweren Bergbauketten oder Lenkzahnstangen.“

Dies schließt zunehmend die komplette Automatisierung inklusive erforderlicher Messungen für die Qualitätssicherung sowie das Handling der Werkstücke mit ein.

Seit einigen Jahren setzt ThermProTEC dabei zunehmend Roboter für die Zuführung oder das Entnehmen schwerer Bauteile in seinen Anlagen ein. Auch bei den Anlagen zur Fertigung von Stabilisatoren kommen mehrere Roboter zum Einsatz. Von Anfang an mit dabei sind die Roboter von HIWIN.

Roboter statt Gantry-System

„Wir verbauen in unseren Anlagen Profilschienenführungen von HIWIN in großer Zahl und haben damit über die Jahre sehr gute Erfahrungen gemacht“, sagt Gaus. „Ich habe daher die Pläne von HIWIN zur Entwicklung eigener Roboter mit großem Interesse verfolgt und gleich drei Stück vom Typ RA605-710-SL für Testzwecke geordert, sobald diese verfügbar waren. Dabei schwebten mir bereits unsere Anlagen zur Fertigung der Stabilisatoren als potenzielles Einsatzgebiet vor.“

Nach dem erfolgreichen Test der kompakten 6-Achs-Roboter schlugen die Konstrukteure bei ThermProTEC vor, einen Roboter mit 5 kg Traglast in einer Pick&Place-Anwendung, die konventionell mit einem Gantry-System gelöst wird, einzusetzen. Der Roboter nimmt mit einem Zweifachgreifer eine Schelle und ein Gegenstück von einem Zuführband auf und legt sie in die zwei Aufnahmen einer Pressstation ein. Die Station presst dann die Schellenstücke auf ein zuvor von der Anlage aufgehaftetes Gummilager.

Flexibilität spart Konstruktions- und Werkzeugkosten

Die Anlage kann dabei dank der Flexibilität des Roboters anders als bei einem Gantry-System problemlos unterschiedliche Schellenbauformen verarbeiten. Eine 2D-Smart-Kamera vom Typ Inspector PIM 60 ermittelt jeweils Art und Ausrichtung der über ein Transportband zugeführten Schelle und leitet diese Information im XML-Format via Profinet an die HIWIN-Robotersteuerung weiter. Die je nach Schellentyp unterschiedlichen Greifpositionen erlernt der Roboter via Teach-in.

„Wegen der Flexibilität hat sich der Kunde trotz des im Vergleich zu einem Gantry-System höheren Einstiegspreises für die Roboterlösung entschieden“, verrät Gaus. „Langfristig gesehen sind Roboter für uns aber günstiger, insbesondere wenn eine Variantenfertigung möglich sein soll oder mit Produktänderungen zu rechnen ist.“ Während beispielsweise beim Gantry-System für jedes neue Produkt ein weiteres Werkzeug gefertigt werden muss, reichen beim Roboter meist einige wenige Standardgreifer aus, um die Handhabung einer ganzen Produktpalette gewährleisten zu können. Darüber hinaus ist der Konstruktionsaufwand für die Roboterlösung in der Regel kleiner, als bei konventionell aufgebauten Pick&Place-Systemen, da letztere jedes Mal individuell auf die Anlage und die Aufgabenstellung zugeschnitten werden müssen. Zudem hat ThermProTEC darauf verzichtet, die Schellen mit dem Roboter unmittelbar aus einer beigestellten Kiste zu entnehmen. „Dieses Konzept hätte je nach Umsetzung mindestens eine 3D-Kamera oder einen weiteren Sensor erfordert und sich dadurch schlicht nicht gerechnet. Wir bringen die Schelle mit einem Magneten auf das Zuführband. Das ist wesentlich günstiger und arbeitet zuverlässiger“, urteilt der Geschäftsführer von ThermProTEC.

All-in-one-Steuerung

Roboter von HIWIN bieten Anwendern darüber hinaus ein Plus an Investitionssicherheit und Planbarkeit der Kosten: Mit dem Kauf der in Zusammenarbeit mit KEBA entstandenen modularen Robotersteuerung RCA605 erhält der Anwender nicht nur Zugriff auf eine umfassende Hardwareausstattung, welche eine integrierte Sicherheitssteuerung, eine konfigurierbare Echtzeit-Ethernet-Schnittstelle, eine Ablaufsteuerung (PLC) und erweiterbare I/Os einschließt, sondern auch auf umfangreiche Funktionsbibliotheken.

Deshalb müssen zum Beispiel Funktionen für das Palettieren oder das Conveyer Belt Tracking nicht separat lizenziert oder bezahlt werden. Sie können bei einer Aufrüstung oder dem Umbau einer Anlage ohne Zusatzkosten genutzt werden. Zum Standardlieferumfang gehört auch eine Scope-Analysesoftware, mit deren Hilfe sich die Bewegungsabläufe optimieren lassen.

Die Programmierung erfolgt mit einer durchgängigen Engineering-Umgebung für SPS, Motion und Robotik.

Großes Einsatzspektrum durch hohe Wiederholgenauigkeit

Der Roboter hat sich in der ersten ausgelieferten Anlage bestens bewährt, sodass ThermProTEC das Einsatzgebiet der HIWIN-Roboter ausgedehnt hat: In der zweiten von dem Unternehmen realisierten und Ende 2018 ausgelieferten Anlage legen bereits zwei dieser Helferlein Schellen in eine Pressstation ein. Zusätzlich arbeitet ein weiterer RA605-710-SL in einer Messzelle. Auch bei dieser Anwendung kooperiert der Roboter mit einer 2D-Smart-Kamera vom Typ Inspector PIM 60. Doch dieses Mal ist die Kamera auf dem Flansch des Roboters montiert. Zusätzlich befindet sich dort ein Abstandssensor. Mit Hilfe des Trios wird an neun Positionen innerhalb von 15 Sekunden eine 3D-Vermessung des Stabilisators durchgeführt.

Der RA605-710-SL bringt auch für Aufgaben dieser Art die besten Voraussetzungen mit: Durch seine hohe Wiederholgenauigkeit von +/-0,02 mm eignet er sich neben dem reinen Handling von Kleinteilen auch für Anwendungen wie Montieren, Entgraten und Polieren oder eben für die Qualitätssicherung, wie Gaus bestätigt: „Wegen der hohen Wiederholgenauigkeit konnten wir eine absolute Gesamtmessgenauigkeit der Messzelle von 0,05 mm erreichen.“

Ausblick: Mehr HIWIN-Roboter

Damit hat sich der HIWIN-Roboter auch in dieser Anwendung bewährt, sodass der Geschäftsführer bereits weitere Einsatzmöglichkeiten, wie das bisher manuell durchgeführte Einlegen der Gummirohlinge in Werkzeugnester, in Betracht zieht. „Wir müssen aber jedes Mal tagesaktuell und anwendungsspezifisch abwägen, ob sich die Roboterlösung letztendlich wirtschaftlich lohnt. Generell werden wir zukünftig aber sicher noch mehr HIWIN-Roboter in unseren Anlagen verbauen“, blickt Gaus optimistisch in die Zukunft.